„Alle fanden es mega cool, dass ich aus Deutschland bin“
Matthias Rauscher kehrt aus den USA zurück zu den Löwen
In der langen Geschichte des TSV 1880 Wasserburg ist Matthias Rauscher der erste Spieler, der per WhatsApp-Call verpflichtet bzw. dessen Vertrag nach einem Jahr Unterbrechung so verlängert wurde. Dies geschah jedoch nicht aus Bequemlichkeit, um sich ein Treffen zu sparen, sondern weil der 24-Jährige seit August an der Gannon University in Erie, Pennsylvania studiert. Mit dem Linksverteidiger bekommen die Innstädter einen zuverlässigen und robusten Spieler zurück, der aufgrund seiner Körperlichkeit in der Defensive ein Hindernis für den Gegner darstellt und in der Offensive immer wieder für ein Tor gut ist.
Im Gespräch mit unserer Zeitung spricht Rauscher über den Sport, wirft aber auch einen Blick auf das politische Amerika, dessen Präsident wenig von Deutschland hält.
Herr Rauscher, der Fußball in Amerika und dessen Struktur ist vielen in Deutschland weitestgehend unbekannt. In welcher Liga haben Sie gespielt und wie ist der Fußball organisiert?
Ich habe in der NCAA D2 gespielt, also der zweithöchsten College-Liga in den USA. Die Liga ist in mehrere Conferences mit jeweils zehn bis zwölf Teams aufgeteilt. Die Saison läuft von August bis November und ist ziemlich intensiv – meistens stehen zwei Spiele pro Woche an, da bleibt wenig Zeit zum Durchschnaufen.
Wir haben unsere Conference, die Pennsylvania State Athletic Conference West, gewonnen und uns damit für die Playoffs um den Conference-Titel qualifiziert. Leider haben wir das Finale knapp verloren. Trotzdem war unsere Saison so stark, dass wir uns für die nationale Meisterschaft aller D2-Teams qualifizieren konnten. Am Ende haben wir es unter die besten 16 von insgesamt 206 Division-2-College-Teams in ganz Amerika geschafft – eine richtig coole Erfahrung!
Wie ist der Fußball in Amerika mit jenem, den Sieaus der deutschen Landesliga kennen vergleichbar?
Viele sagen, dass der Fußball hier weniger technisch-taktisch geprägt sei, dafür aber physischer. Das stimmt teilweise. Mir ist vor allem aufgefallen, wie stark die Unterschiede von Mannschaft zu Mannschaft sind. Da es kein Auf- und Abstiegssystem gibt, schwankt das Leistungsniveau innerhalb einer Conference stark.
Auch der Spielstil hängt stark vom Recruiting des Coaches ab. In meiner Mannschaft spielten viele internationale Spieler aus Spanien, Argentinien, Brasilien, England und Skandinavien, was das technische Niveau ziemlich hochhielt. Andere Teams hingegen setzten mehr auf Physis und lange Bälle. Dadurch konnte sich das Spielniveau von Woche zu Woche stark unterscheiden. Es ist also nicht wie in der Landesliga, wo jedes Spiel eine Herausforderung ist. Hier gibt es auch Gegner, gegen die man locker gewinnt.
Welchen Spieler bekommen die Löwen zurück? In welchen Bereichen hat sich Ihr Spiel durch die neuen Erfahrungen verändert?
Nach fast einem Jahr in Amerika mit fünf intensiven Trainingseinheiten pro Woche habe ich mich nicht nur spielerisch und körperlich weiterentwickelt, sondern auch persönlich echt viel dazugewonnen. Die ganzen neuen Herausforderungen, das Leben in einer völlig anderen Umgebung und der hohe Trainingsaufwand haben mich nicht nur als Spieler, sondern auch als Mensch wachsen lassen. Genau das will ich jetzt nutzen – auf dem Platz mehr Verantwortung übernehmen, mein Team noch besser unterstützen und im Verein eine größere Rolle spielen.
Wie haben Sie das Geschehen bei den Löwen verfolgt?
Natürlich habe ich die Löwen jede Woche verfolgt – sei es über Instagram oder den BFV – und ordentlich mitgefiebert. Mein bester Berichterstatter war aber definitiv mein Papa, der so oft wie möglich live dabei war und mir jede Woche einen ausführlichen Spielbericht geliefert hat.
Mit welchen Zielen kommen Sie zurück zu Ihremneuen alten Verein?
Bevor ich wegen meines Studiums nach Amerika gegangen bin, habe ich in den Relegationsspielen eine der bittersten Niederlagen meiner bisherigen Karriere erlebt – und dieser Schmerz sitzt immer noch tief. Genau deshalb will ich es mit Wasserburg noch einmal wissen und diese Erinnerung durch Erfolge ersetzen.
Sie studieren in Pennsylvania, einem sogenannten Swing State. Wie haben Sie den Wahlkampf in den USA miterlebt? Wie politisch aufgeladen war IhrUmfeld?
Dadurch, dass der Wahlkampf in Amerika in den sozialen Medien oft wie ein offener Schlagabtausch dargestellt wird, hatte ich mir eigentlich mehr erwartet – vor allem in Bezug auf Wahlkampf und Wahlwerbung. Tatsächlich war davon aber kaum etwas zu sehen, nicht mehr als in Deutschland.
Ich bin viel mit anderen Studenten in Kontakt und für die meisten war das Thema nicht besonders wichtig. Deshalb ist es für mich schwer einzuschätzen, wie aufgeheizt die Stimmung wirklich war – für mich persönlich hat es sich nicht so angefühlt. Als die Wahl entschieden war, habe ich in meiner näheren Umgebung allerdings ein paar Feuerwerkskörper knallen gehört.
Der amerikanische Präsident Donald Trump hält wenig von Deutschland, das transatlantische Verhältnis hat Brüche bekommen. Wie blicken die Amerikaner in Ihrem Umfeld auf Deutschland?
In Amerika bin ich echt überall auf offene Arme gestoßen. Die Leute hier sind neugierig auf internationale Studenten und wollen immer wissen, woher man kommt, warum man hier ist und wie es in der Heimat so läuft. Egal, ob an der Supermarktkasse oder bei den Professoren – alle fanden es mega cool, dass ich aus Deutschland bin.
Das beste Beispiel dafür war mein Weihnachten: Ich durfte es mit der Familie eines Mannschaftskollegen verbringen – und das ist echt nicht selbstverständlich. Aber sie haben mich sofort aufgenommen, als wäre ich schon ewig dabei, und wollten alles über Deutschland wissen – wie das Leben dort so ist, was anders läuft als in den USA und noch viel mehr.
jah