Schiedlich-friedlich in die Winterpause
Wasserburg und Rosenheim trennen sich vor 352 Zuschauern mit 0:0
Schiedsrichter Christoph Stühler hat am Samstagnachmittag als Schiedsrichter etwas geschafft, was bei der Leitung von Lokalderbys absoluten Seltenheitswert hat: Er zückte keine einzige Karte. Der Blick auf die Statistik mag vermuten lassen, dass es der TSV 1880 Wasserburg und der TSV 1860 Rosenheim im letzten Spiel des Jahres etwas gemächlicher haben angehen lassen, doch dies war mitnichten der Fall. Beide Teams haben sich zwar nicht gegenseitig massakriert, wie es sich in Derbys auch gelegentlich zuträgt, aber geschenkt haben sie sich nichts. Stühler ließ den Akteuren vor 352 Zuschauern an der Landwehrstraße 10 eine lange Leine und lag damit richtig.
Auf holprigem Geläuf entwickelte sich ein umkämpftes Spiel, das in der 94. Minute seinen Höhepunkt hatte. In einer megaDoppelchance hatten Lukas Starringer und Irfan Selimovic den Wasserburger Siegtreffer auf dem Fuß, doch Torhüter Simon Stein parierte zweimal sensationell. Zunächst fuhr er gegen Starringer reflexartig sein rechtes Bein aus, den Nachschuss von Selimovic lenkte er ebenso stark über die Latte. In dieser einen Aktion hätten sich die Löwen für eine drückend überlegene zweite Halbzeit belohnen können. Nach dem Seitenwechsel hatte sich Rosenheim ganz weit in die eigene Hälfte zurückgezogen und wie ein Boxer agiert, der den Schlussgong herbeisehnt. Rosenheims Mittelfeldspieler Lucas Grattbegründete die passivere zweite Hälfte so: „Wir hatten sehr viele Spiele und viele Spieler haben schon sehr viele Minuten in den Beinen. Der Kader ist klein, wir haben viele Verletzte. Die, die gespielt haben, haben alles gegeben. Aber irgendwann geht die Luft aus. Nach sechzig, siebzig Minuten wurde bei vielen die Kraft immer weniger. Dann ging es nur noch ums Überleben. Und das haben wir letztendlich geschafft.“ Die Kadergröße und die Verletztenzahl war auf Wasserburger Seite ähnlich, aber das sind sie seit dem ersten Spieltag gewöhnt. Dem 21-Jährigenselber ging die Power nicht aus, er wühlte durch den tiefen Herbstboden und verteidigte vehement das 0:0.
Neben dem von Gratt angesprochenen Überlebenswillen half in der 75. Minute auch das Glück. Eine verunglückte Flanke von Daniel Kononenko segelte über den verdutzten Stein an den langen Pfosten und flipperte vom Oberschenkel des Keepers wieder Richtung Spielfeld. Die 45-minütige Druckphase der Löwen hatte in der 49. Minute Luca Wagner mit einer Großchance eröffnet, als er seinen Gegenspieler ins Leere rutschen ließ, mit links aber nur ein Schüsschen zustande brachte, obwohl er alle Zeit der Welt für einen präzisen Abschluss hatte.
Gratt war dennoch nach 90 Minuten davon überzeugt, dass der Punkt verdient war. Diese Einschätzung basiert darauf, dass „wir in der ersten Halbzeit gut ins Spiel gekommen sind und drei Konterchancen hatten, die wir aber alle am Tor vorbeisetzen.“ In der Tat zischten die Weitschüsse von Demolli (7.), Van de Wiel(17.) und wieder Demolli (43.) knapp neben dem Pfosten vorbei, die beste Chance hatte aber Wasserburgs Routinier Maxi Höhensteiger auf dem Schlappen, doch schon da zeigte Stein, dass er an diesem kalten Nachmittag auf Temperatur war (37.).
Angesichts der Anzahl der Großchancen wäre ein Löwen-Sieg verdient gewesen. Neben den Karten fehlten am Ende jedoch auch die Tore. Trainer Florian Heller sah das Ergebnis nüchternund lenkte vielmehr den Blick auf die Gesamtbilanz: „Wir stehen auf einem guten dritten Platz und hatten insgesamt ein gutes Jahr. Von dem 0:0 lasse ich mir nicht die Weihnachtsfeier vermiesen.“ Und so entschwanden beide Teams schiedlich-friedlich in die wohlverdiente Winterpause.
Wasserburg: Volkmer, Stellner, Lindner, Haunolder, Selimovic, Kononenko, Höhensteiger (ab 63. Dumitru), Rubio Gonzalez, Barthuber, Vorderwestner (ab 63. Yordanov), Wagner (ab 77. Starringer)
Rosenheim: Stein, Jesse, Fischer, Demolli (ab 62. Krasniqi), Gratt, Smajlovic, Van de Weil, Papapicco (ab 89. Kevadiya, Markulin, Grundner, Mayerl (ab 46. Khong-In)
Tore: keine
Zuschauer 352
Schiedsrichter: Christoph Stühler (DJK-SC Oesdorf)
jah